Weihnachtsmenü: Fest der Gemüseliebe
Vegetarische und vegane Ernährung liegen im Trend. Für den Verzicht auf Fleisch, Fisch oder tierische Zutaten sprechen gute Gründe. Beim veganen Jeunes Restaurateurs-Weihnachtsmenü von Maurizio Oster aus dem Restaurant „Zeik“ in Hamburg entstehen drei köstliche Gänge mit spannenden Twists aus saisonalem Gemüse.
„Gut 30 Prozent der Restaurantgäste nehmen die fleisch- und fischfreie Variante“, erzählt Maurizio Oster und fügt schmunzelnd hinzu: „Noch mehr, wenn es Taube im Hauptgang gibt.“ Oster führt das Restaurant „Zeik“, das er 2018 im Hamburg Stadtteil Winterhude übernahm. Für die Jeunes Restaurateurs Deutschland (JRE) ein veganes Weihnachtsmenü zu kreieren, stellte ihn nicht vor Probleme. Schließlich setzt Oster im „Zeik“ ohnehin auf viel Gemüse bei seinem Menü, das es stets auch in Vegetarisch gibt. In sechs Gängen serviert er einmal Fisch und einmal Fleisch: „So wie ich mir die Ernährung in einer Woche vorstelle“. Viele Elemente bereite er mittlerweile ohnehin vegan und lactosefrei zu, um auf Gästewünsche eingehen zu können.
Fleischlos glücklich: Flexitarismus, Vegetarismus und Veganismus
Bewusster reduzierter Konsum hochwertigen, artgerecht aufgezogenen Fleischs („Flexitarier“) oder eine konsequent vegetarische oder sogar vegane Ernährung liegen im Trend. Wenngleich man dies sogar am Angebot auf dem Münchener Oktoberfest ablesen kann, ist Vegetarismus kein zeitgeistliches Phänomen: Bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts sind die Bezeichnungen “Vegetarismus“ und „Vegetarier“ bekannt und in vielen Kulturen besteht der Speiseplan weitestgehend aus fleischlosen Gerichten. Während Vegetarier teils tierische Zutaten wie Milch oder Eier akzeptieren und als Pescetarier sogar Fisch essen, verzichten Veganer konsequenterweise nicht nur bei der Ernährung, sondern ebenfalls auf Lederschuhe oder Daunen. Als Gründe werden Tierwohl, Nachhaltigkeit wie die klimaschädlichen Auswirkungen durch die CO2-Emissionen intensiver Tiermast und gesundheitliche Aspekte angeführt.
Verzicht auf tierische Zutaten ohne Genussverlust
Vielen Carnivoren (Fleischesser) erleichtern Ersatzprodukte, die Textur und Geschmack von Fleisch mittlerweile überraschend gut nachahmen, den gelegentlichen Fleischverzicht. Wie bei Milchalternativen aus Mandeln, Reis oder Hafer steigt die Nachfrage rasant. Das lässt sich am wachsenden Erfolg von Firmen wie Beyond Meat und Planted, deren Proteinprodukte sogar Tim Raue in seinem Berliner Restaurant als Geflügel oder Entenalternative nutzt, ablesen. Schon längst haben Supermärkte das Sortiment ihrer Wursttheken angepasst. So verwundert nicht, dass laut der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung der Fleischkonsum in Deutschland von 61 Kilogramm pro Kopf im Jahr 2018 auf 55 Kilogramm im Jahr 2021 fiel. Maurizio Oster benutzt für sein Menü zwar Milchersatzprodukte, verfolgt bei den Hauptzutaten einen anderen Ansatz: „Wir schnappen uns im Restaurant ein Produkt, das wir vollständig durchdeklinieren.“ Das sei arbeitsintensiv und anspruchsvoll in der Zubereitung, doch schließlich sei Weihnachten, da nehme man sich etwas Aufwändigeres vor.
Notreserve-Gemüse, weihnachtliche Aromen galore und der Star ist die Sauce!
Doch keine Sorge, denn die Gerichte lassen sich gut vorbereiten und mit Familie und Freunden in der Küche heißt es dann: Viele Hände, schnelles Ende! Bei der fein süßlichen Suppe aus Steckrüben, früher verschrien als Notreserve und Tierfutter, trifft duftige Vanille auf nussigen Hanf. So wird das günstige Gemüse durch das edle Gewürz veredelt. „Der Hauptgang klingt im ersten Moment nach Purismus, aber die Raffinesse liegt in den Details“, beschreibt Oster den Hauptgang, Topinambur aus dem Ofen mit Zwiebelkompott und Röstgemüse-Sud. Erst gart er das Gemüse in der Schale im Ofen, kratzt das Innere heraus und bereitet einen Stampf daraus. Anschließend trocknet und frittiert er die Schale. Dazu serviert er rohe süß-sauer eingelegte sowie blanchierte Topinamburstücke. Nachhaltig, doch vor allem köstlich ist seine Sauce aus Röstgemüse dazu. Da rein wanderten alle möglichen Gemüseabschnitte; Sternanis, Piment und Koriandersaat machen sie zum weihnachtlichen Saucenvergnügen. Und warum nicht mal Gemüse im Dessert? Aus entsaftetem Rotkohl entsteht ein erfrischendes Sorbet, das Apfelkompott und karamellisierte Walnüsse wieder in Richtung konventionellere Nachspeise lenken.
Spaß im Glas: Mit oder ohne Prozente
Zur Suppe mit ihrer Cremigkeit und süßlich-nussigen Noten korrespondiert ein leicht gereifter Weißburgunder wie vom Kaiserstühler Weingut Arndt Köbelin oder Chardonnay und natürlich ein Winzersekt oder – schließlich ist Weihnachten! – gleich Champagner. Topinambur stellt durch seine Inhaltsstoffe, insbesondere Inulin, und der Rolle als Hauptspeise besondere Anforderungen. Die Sauce fordert einen Rotwein, wenn man nicht Lust auf einen fülligen weißen Naturwein oder einen maischevergorenen Weißwein hat. Ohne Holznoten und mit moderater Säure empfiehlt sich beispielsweise ein zarter Rheingau-Spätburgunder vom Weingut Künstler oder ein Lemberger wie der „Strümpfelbach“ vom württembergischen Weingut Knauß. Zum Dessert wäre eine Idee ein Brachetto d'Acqui von Braida. Der moussierende Süßwein aus dem Piemont hat einen niedrigen Alkoholgehalt. Ganz ohne Prozente geht es auch. Im „Zeik“ gibt es zum Menü neben der Wein- eine alkoholfreie Begleitung. Wer den Aufwand des „Zeik“ scheut, wo der Service alle Softdrinks außer Tonic Water selbst herstellt und für die spannenden Getränke aus Nachhaltigkeitsgründen auch Gemüsereste nutzt, setzt auf Säfte der Obstkelterei van Nahmen oder innovatives Alkoholfreies von der Manufaktur Jörg Geiger.
Maurizio Oster – eine Hamburger Erfolgsgeschichte
Nach seiner Zeit als Souschef im „Vlet“ in der Hamburger Speicherstadt und später als Küchenchef im „Vlet“ an der Alster machte sich der mittlerweile zweifache Familienvater selbstständig, anfangs mit seiner Ehefrau als Restaurantleiterin. „Einen Moment, den man so nicht vergisst“ erlebte Maurizio Oster am Jahresanfang: Das „Zeik“ erhielt im Guide Michelin 2022 nicht nur einen der begehrten Sterne, sondern der französische Restaurantführer verlieh dem Restaurant folgerichtig aufgrund seiner überlegten Herangehensweisen ebenfalls einen grünen Stern für Nachhaltigkeit. Seit November 2021 ist Maurizio Oster Mitglied der Jeunes Restaurateurs, der Vereinigung junger Spitzenköchinnen und -köche. Bereits in seiner Kochausbildung sei er begeistert vom JRE-Kochbuch „Meisterschule“ gewesen. Zusammen etwas zu machen und auch in unternehmerischen Fragen Unterstützung zu bekommen, seien für ihn die mitentscheidenden Faktoren für seine Mitgliedschaft.